Unter der sozialen Tarnkappe

Die Immobilienfirma Schwäbische Bauwerk GmbH und ihr fragwürdiges Gebaren

Was tun, wenn man wegen kaltschnäuziger Praktiken in die Schlagzeilen gerät? Man gibt warmherzige Spenden an Bedürftige. So jedenfalls macht es die Schwäbische Bauwerk GmbH. Trott-war guckt, was sich unter dem sozialen Mäntelchen der Stuttgarter Immobilienfirma verbirgt.

Von Nico Nissen, Sylvia Rizvi und Max Blon

Anfang Juni machte ein treuer Leser Trott-war darauf aufmerksam, dass die Schwäbische Bauwerk GmbH laut ihrer Homepage auffällig viele gemeinnützige Organisationen fördert. Darunter waren einige, die in der Obdachlosen- und Armenhilfe tätig sind. Dies wirkte auf den Leser besonders heuchlerisch, weil die Schwäbische Bauwerk durch Presseberichte (z. B. Kontext , Stuttgarter Zeitung) und politische Aktionen dafür bekannt war, Mieter mit der Ankündigung von Modernisierungen und hohen Mieten aus den Wohnungen zu vertreiben, um das Gebäude dann leerstehend zu einem deutlich höheren Preis zu verkaufen. Man könnte denken, hier versuche sich ein Immobilienhai reinzuwaschen: „Gut, die Leute landen wegen mir auf der Straße – aber zum Ausgleich spende ich ihnen Schlafsack und Linsensuppe!“ Auch das Schalten von Anzeigen in Veröffentlichungen der Stadt Stuttgart wie etwa im diesjährigen Wohnungsmarktbericht oder in einer Werbebroschüre für Läden im Stuttgarter Westen zeigt: Die Schwäbische Bauwerk arbeitet daran, ihr Image zu polieren (siehe weiter unten im Text).

Mehr zum Geschäftsgebaren und der Image-Kampagne der Schwäbischen Bauwerk erfahren Sie durch das Interview mit dem Vorsitzenden des Mietervereins Stuttgart und Umgebung Rolf Gaßmann in der Oktober-Ausgabe von Trott-war, die Sie bei der Verkäuferin oder dem Verkäufer Ihres Vertrauens erwerben oder hier bestellen können.

Die Trott-war-Redaktion war sich von Anfang an darüber im Klaren, dass Recherche und Berichterstattung in diesem Fall heikel sind, denn Trott-war ist mit einigen der betroffenen gemeinnützigen Organisationen freundschaftlich verbunden und hat in der Vergangenheit positiv über sie berichtet. Daran wird sich selbstverständlich nichts ändern, zumal sie immer wertvolle Arbeit für die Ärmsten in unserer Gesellschaft geleistet haben und weiter leisten sollen. Die Kritik richtet sich nur gegen die Schwäbische Bauwerk, nicht gegen diese Organisationen.

Zwölf von zehn

Nach eingehender interner Diskussion beschloss Trott-war, dass die Öffentlichkeit über das Geschäftsgebaren und die Imagekampagne der Schwäbischen Bauwerk informiert werden sollte. Die Redaktion bat diese Organisationen daher um Auskunft darüber, ob sie von der Schwäbischen Bauwerk gefördert werden oder wurden. Von den zwölf angeschriebenen Organisationen antworteten uns zehn.

Unmissverständlich waren Aussage und Handlung des in Stuttgart ansässigen Vereins Helfende Hände, der ausgesuchte soziale Projekte unterstützt: Die Verantwortlichen überwiesen die dreistellige Spende der Schwäbischen Bauwerk nach Bekanntwerden des fragwürdigen Gebarens zurück und kündigten in einem Schreiben die Zusammenarbeit auf.
Andere Antworten überraschten. So erklärte der Förderverein des Stuttgarter Traditionsverein Zigeunerinsel, dass die Schwäbische Bauwerk lediglich eine Anzeige in einer Vereinspublikation geschaltet habe. Spenden seien keine eingegangen. Die Freunde der Staatsgalerie teilten mit, dass sie überhaupt nicht von der Schwäbischen Bauwerk gefördert worden seien. Das Deutsche Rote Kreuz antwortete, dass es für den Kältebus zwar Spenden der Schwäbischen Bauwerk erhalten, aber nie eine Einwilligung in die Verwendung seines Logos erteilt habe. Nachdem man dies untersagt habe, sei das Logo wieder entfernt und die finanzielle Unterstützung eingestellt worden. Seither gebe es keinerlei Geschäftsbeziehungen mehr.

Die Wilhelmafreunde, die Schwäbische Tafel Stuttgart und der Heiße Kessel antworteten, dass sie grundsätzlich keine Auskünfte über Spender mitteilen würden. Ihre Begründung, dass dies aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich wäre, ist allerdings unzutreffend. Die Datenschutzgrundverordnung schützt ausschließlich die Daten von natürlichen Personen, bei der Schwäbischen Bauwerk als Unternehmen handelt es sich aber um eine juristische Person. Auch das Kinderhospiz und die Vesperkirche verweigerten Trott-war eine Auskunft über mögliche Spenden. Tierschutz Filderstadt und Eyes on Animals antworteten trotz weiterer Anschreiben überhaupt nicht. Das Eltern-Kind-Zentrum EKiZ im Stuttgarter Westen nannte als einzige Organisation die Spendensumme (unter 500 Euro) und erklärte, sie ausschließlich satzungsgemäß für Kinder aus sozial benachteiligen Familien zu verwenden.

Natürlich haben wir auch den Geschäftsführer der Schwäbischen Bauwerk Marc-René Ruisinger um eine Stellungnahme gebeten. Er schweigt.

Nähe zu anerkannten Betrieben und Geschäften gesucht

Eine andere Strategie der Schwäbischen Bauwerk, ihr ramponiertes Image zu verbessern, scheint darin zu bestehen, Anzeigen im Umfeld von angesehenen Partnern zu schalten. Die Firma warb etwa im offiziellen Wohnungsmarktbericht 2019 der Stadt Stuttgart. Der Mieterverein Stuttgart kritisierte dieses Vorgehen harsch und warnte verantwortungsvolle Hausbesitzer ausdrücklich davor, an diesen „wilden Spekulanten“ zu verkaufen. Die Schwäbische Bauwerk klagte dagegen – und verlor. In der Broschüre „Der Stuttgarter Westen für die Westentasche“ kuschelte sich die Schwäbische Bauwerk zwischen solide Handwerksbetriebe und engagiert-kreative Startups: „Wir sind ein diskreter Ansprechpartner für Hausbesitzer, die ihr Gebäude in guten Händen wissen möchten“, ist da zu lesen. Fettdruck im Original. Die Rede ist von Werten, Tradition und Respekt.

Fazit

Die Schwäbische Bauwerk wäscht sich in einem Umfeld rein, das sich kaum wehren kann. Sei es, weil mit Spenden bedachte gemeinnützige Organisation jeden Penny brauchen – und womöglich die sehr schwere Entscheidung zu treffen haben, ob sie zulasten ihrer Schützlinge auf Geld verzichten – oder weil Anzeigenkunden gar nicht wissen, wer sonst noch in der Broschüre wirbt. Immerhin: Die Stadt Stuttgart will laut der Stuttgarter Zeitung beim nächsten Bericht prüfen, inwiefern sie „auf Anzeigen Dritter grundsätzlich verzichten“ könne, um „die Objektivität noch stärker herauszustellen“.


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