Eine andere Seite Stuttgarts

ERFAHRUNGSBERICHT VON DER ALTERNATIVEN STADTFÜHRUNG

Bericht und Fotos: Nik Schumacher

Stuttgart mal ganz anders! Die Alternative Stadtführung, die Trott-war seit Mai 2006 anbietet, zeigt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die wichtigsten sozialen Brennpunkte der wohlhabenden Stadt.

Verkäuferinnen und Verkäufer wie Thomas Schuler geben einen Einblick in die Realität der unteren sozialen Schichten und schildern Erfahrungen und Anekdoten aus ihrer eigenen Vergangenheit.

Thomas Schuler hat selbst eine langjährige Straßen-Karriere in Wohnungslosigkeit, Alkoholismus und Elend erlebt. Ihm ist es gelungen, all das hinter sich zu lassen. Mittlerweile ist er aufgrund seiner Festanstellung bei Trott-war in der Lage, seinen Lebensunterhalt selbst zu finanzieren. Neben seiner Tätigkeit als Stadtführer verkauft er die Straßenzeitung.

Die zirka zweistündige Tour startet am Charlottenplatz, führt die Hauptstätter Straße entlang und endet bei der St. Maria Kirche am Rupert-Mayer-Platz. Hierbei werden nicht die markanten Sehenswürdigkeiten und Schauplätze von Stuttgart gezeigt. Der Fokus liegt vielmehr auf den unscheinbaren und unansehnlichen Orten, an denen wir tagtäglich vorbeilaufen, ohne wahrzunehmen, wie sehr viele Teile der Stadt noch immer von Wohnungslosigkeit und Drogenkonsum geprägt sind.

Aus erster Hand erfahren die Teilnehmenden der Führung, welch tragische Erlebnisse diejenigen Menschen, die sommers wie winters auf der Straße leben, machen müssen und welche Tricks und Möglichkeiten es gibt, um Wind und Wetter zu ertragen. Häufig ist das Leben, das von Gewalt, Kälte und Hunger geprägt ist, nur im Drogenrausch zu ertragen, wodurch sich ein Teufelskreis auftut, der nur sehr schwer zu durchbrechen ist.

Schuler erzählt von der gesamten Bandbreite des Elends, das sich auf der Straße abspielen kann. Sowohl von Aufenthaltsorten für Frauen und Männer als auch von Beschaffungskriminalität und Gewalt. Hierbei legt der Stadtführer großen Wert darauf, dass die Teilnehmenden das Geschehen nicht aus direkter Nähe betrachten, um die Privatsphäre der besagten Menschen zu schützen. Andererseits erfahren sie bei der Führung, welche Hilfsorganisationen und sozialen Einrichtungen es gibt und wie diese die nötigste medizinische Versorgung und Ausstattung mit wichtigen Utensilien anbieten. Dies weckt auch Interesse für eigenes Engagement.

Die Stadtführung ist definitiv eine bemerkenswerte Erfahrung, die zum Nachdenken anregt.