Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter der Hamburger Straßenzeitung Hinz&Kunzt (Foto: Andreas Hornoff)

Kraft tanken und Wohnung finden

Trott-war unterstützt eine Petition zur Öffnung von Hotels für Obdachlose während des Lockdowns. Die Idee stammt von Hinz&Kunzt, der Straßenzeitung Hamburgs, wo in diesem Winter bereits mehrere Obdachlose im Freien verstarben. Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter von Hinz&Kunzt, erklärte uns Hintergrund und Zielsetzung der Petition – und spricht von guten Erfahrungen mit spendenfinanzierten Projekten.

Von Vincent Brecht und Nico Nissen

Was hat Euch dazu bewogen, die Petition zu verfassen?

Die Petition soll natürlich auf die Situation von Wohnungslosen aufmerksam machen und Druck erzeugen, dass alle eine Unterkunft erhalten, um sich jetzt mindestens genauso gut zu schützen, wie wir es auch machen.

Die Situation der Obdachlosen ist von Bundesland zu Bundesland, oft von Stadt zu Stadt offenbar sehr unterschiedlich. Wie erklärt Ihr Euch das?

Ja, die Situation ist bestimmt von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, und natürlich haben Großstädte mit dem Thema Wohnungslosigkeit mehr zu tun als Kleinstädte. Die große Überschrift muss aber lauten, dass alle einen Raum für sich allein erhalten. Jeder soll die Möglichkeit haben, seine Tür zuzumachen, wann er beziehungsweise sie es für richtig hält. Auch wichtig ist nicht immer dem Argument von vielen Verantwortlichen aus Behördenkreisen ausgesetzt zu sein, nach dem Motto „wenn wir zu viel anbieten, kommen die Wohnungslosen aus ganz Deutschland zu uns“.

In einigen deutschen Städten konnten bereits erste Erfahrungen mit in Hotels untergebrachten Obdachlosen gesammelt werden, unter anderem bei Euch in Hamburg. Wie fielen die Reaktionen der Beteiligten aus?

In Hamburg sind im Frühjahr 170 Obdachlose in Hotels für drei Monate untergebracht worden. Die Wohnungslosen haben sich sehr schnell erholt und einige hatten so viel Kraft getankt, dass sie Mut hatten, sich bei Wohnungsgebern vorzustellen und auch eine Wohnung gefunden haben.

Manche Obdachlose gelten als „nicht wohnfähig“. Wer haftet, wenn Obdachlose die Einrichtung beschädigen oder verschmutzen?

Wohnungslose haben eine neue Arbeit gefunden. Die Hotels vom Frühjahr sind alle begeistert gewesen und haben sich an der neuen Unterbringung im Winter erneut beteiligt. Wir haben auch die sogenannten „nicht wohnfähigen“ in Hotelzimmern untergebracht. Sie wurden einfach intensiver besucht, es gab aber auch bei denen keine große Schwierigkeit.

Anmerkung der Redaktion: Nach dem Führen des Interviews scheiterte ein neuer Vorstoß, die Hotelzimmer für Obdachlose zu öffnen, an der Mehrheit der Hamburger Bürgerschaft.


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