Das Titelbild einer Zeitung – jeder sieht es, aber wie kommt es eigentlich auf das Cover? Nun, das „Wie“ ist schnell geklärt: die Redaktion findet es geeignet, fertig. Mein Titelbild für die September-Ausgabe von Trott-war hat allerdings eine besondere Geschichte …
Von Thomas Tellge
Bevor wir näher darauf eingehen, woher das Titelbild stammt, kurz zur Geschichte des Mediums. Bereits zum Anfang des 20. Jahrhunderts zierten Grafiken die Titelseiten, ab circa 1920 waren es schwarzweiße und farbige Fotos. Titelbilder dienen seit jeher dem Marketing und sollen den Verkauf der Zeitschrift oder des Magazins ankurbeln, indem sie auf die Titelgeschichte hinweisen. Das Titelbild ist also das wichtigste Foto einer Zeitung, vielleicht vom Centerfold des Playboys abgesehen.
Nach diesem kleinen Exkurs in die Geschichte des Titelbildes kommen wir nun zu den Möglichkeiten einer Redaktion, an ein geeignetes Foto zu kommen. Eine Möglichkeit, die vielleicht schnellste, aber wahrscheinlich auch die teuerste, ist ein sogenanntes Stockfoto. Diese Fotos werden von verschiedene Onlinedienste angeboten und kosten Geld, teilweise richtig viel. Die Fotos und Illustrationen müssen hohe Anforderungen an die Qualität erfüllen und kommen von Profis, aber auch Amateuren, die ihre Werke beim Anbieter hochladen und bezahlt werden, wenn eines gekauft wird. Stockfotos oder Illustrationen gibt es zu allen möglichen und unmöglichen Themen, man findet dort wirklich alles.
Stockfotos, eigene Bilder, Auftragsarbeiten oder „gespendete“ Werke?
Ganz anders sieht die zweite Möglichkeit aus, sie ist kostengünstig und relativ einfach. Die Redaktion macht das Bild nach ihren Vorstellungen selbst, bearbeitet es wie gewünscht und fertig. Möglichkeit drei: Man hat eine ganz bestimmte Vorstellung und beauftragt einen Fotografen mit der Umsetzung des Motives. Dabei erfüllt der Fotograf alle Wünsche der Redaktion und man hat ein einmaliges und individuelles Motiv.
Kommen wir nun zur letzten Möglichkeit. Fotos für die Redaktion kommen aus einem zur Verfügung gestellten Pool eines Fotografen. Große Magazine nutzen eine solche Möglichkeit nicht, aber für relativ kleine und gemeinnützige Zeitschriften ist das eine großartige Lösung. Diese Möglichkeit nutzt z. B. auch Trott-war. Ab und an bin ich genau einer dieser Fotografen auf ehrenamtlicher Basis.
Ein Bild erzählt eine Geschichte und hat auch eine eigene
Ich fotografiere schon lange und als Grundstock für Trott-war wurden Fotos von mir für die Redaktion in die Cloud hochgeladen, um sich daran bedienen zu können. Die Redaktion hat darauf Zugriff und kann sich umschauen, ob ein geeignetes Foto für ein Thema zur Verfügung steht. Im September erschien eines meiner absoluten Lieblingsfotos auf der Titelseite – und ja, ich hatte bereits früher in größeren Zeitungen Bilder, aber dieses eine Bild hat es einfach auch verdient, gezeigt zu werden. Es erzählt seine eigene Geschichte und hat auch eine eigene Geschichte, die fast schon wie ein Krimi anmutet.
Auf dem Bild sind Mutter und Tochter zu sehen, sie kommen gerade vom Einkauf und ich kenne sie vom Sehen aus dem Ort. Wie sie mir so entgegen kamen, war es ein wunderbares Motiv von Einigkeit bzw. wie auf dem Titel zu lesen: „Wertvoll & Würdig“. Das wollte ich nicht stören. Als wir dann aneinander vorbeigelaufen sind, dachte ich mir, ein Foto von hinten stört nicht und hat vielleicht auch was. Also drehte ich mich um und löste aus. Als ich das Ergebnis zuhause am PC sah, wollte ich es löschen, es sah einfach nicht so aus, wie ich es mir vorgestellt hatte. Als letzter Versuch zur Rettung des Bildes habe ich die Farbe rausgenommen: Es war nun wesentlich wirkungsvoller und hat die Stimmung der Personen, aber auch das leicht unwirkliche Wetter schön wiedergegeben.
Auch die schönsten Bilder brauchen Erlaubnis
Die Umwandlung in Schwarzweiß hat dann noch ein wenig gedauert, aber am Ende war ich richtig zufrieden. Jetzt hatte ich also ein Foto, welches ich ausnahmsweise bei einem bald stattfindenden Wettbewerb einreichen wollte, aber ohne Erlaubnis der abgebildeten Personen geht das halt nicht. Immer wieder beschrieb ich die beiden Passanten im Ort und fragte, ob jemand sie kennt. Und eines Tages, nach fast einem halben Jahr, hatte ich Glück, und jemand kannte Namen und Adresse. Ich besuchte die zwei und erhielt nach einer längeren Erklärung die Unterschriften zur Erlaubnis der Veröffentlichung.
Das Bild habe ich dann bei dem Wettbewerb eingereicht, es kam unter die 50 besten und wurde somit Teil einer Wanderausstellung, die, dank Corona, leider nicht wirklich eine solche war. Anschließend habe ich das Foto für Trott-war hochgeladen und es hat die Ansprüche für ein Titelbild erfüllt.
Jetzt steht es gerahmt auf dem Sideboard eines Psychologen und daneben liegt die Septemberausgabe Trott-war!
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