Die Isolation Gefangener von der Gesellschaft wurde durch Corona nochmals verschärft. (Foto: Adobe Stock, Milan Lipowski)

Gefangen in der Pandemie: Ein Gefängnisinsasse im Interview

Nachdem Bernd Gebauer von Trott-war mit Dr. Frank Jansen, dem Leiter der JVA Heimsheim, über die Situation im Gefängnis während Corona sprach, wollte er auch von einem hiesigen Gefangenen wissen, wie dieser die Pandemie im Gefängnis erlebt. Der Anstaltsleiter Dr. Frank Jansen genehmigte dafür ein schriftliches Interview mit einem Gefangenen, der dazu bereit war, Auskunft zu geben. Aus Persönlichkeitsgründen dürfen wir den Namen nicht nennen.

Vielen Dank, dass Du bereit bist, uns einige Fragen zur derzeitigen Situation der Gefangenen in der Corona-Krise zu beantworten. Wie lange bist Du schon in der JVA Heimsheim und wie geht es Dir seit letztem März während der Pandemie?

Ich befinde mich seit 2011 in der JVA Heimsheim. Seit März 2020, während der Corona-Pandemie, hat sich vieles verändert.

Was hat sich alles geändert für die Gefangenen und wie gehst Du damit um?

Für uns Gefangene ist die Corona-Krise eine sehr große Last und wir alle haben Angst um unsere Familien. Ich habe im Januar meinen geliebten Bruder wegen Corona verloren und fühle mich verloren und einsam.

Wie ist Dein Kontakt zu Deinen engsten Angehörigen – gibt oder gab es Besuch, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

Seit März 2020 hat sich vieles geändert, Besuch ist nur mit Trennscheibe eine Stunde pro Monat genehmigt worden. Allerdings gab es in der Zeit von Dezember 2020 bis 1. März 2021 keinen Besuch. Viele von meiner Familie habe ich seit einem Jahr nicht gesehen, weil ich die eine Stunde natürlich für meine Frau benötige.

Darfst Du mit Deinen Liebsten telefonieren, oder ist das auch eingeschränkt?

Wir dürfen jeden Tag telefonieren, darüber bin ich sehr froh.

Wir haben gehört, dass auch die Freizeitgruppen für Gefangene, die von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geleitet werden, gestrichen worden sind. Das heißt, Ihr habt keinerlei Möglichkeiten zum Beispiel Sport zu machen, oder in eine Malgruppe zu gehen?

Auch die Freizeiten haben sich geändert. Am Wochenende ist bereits um 15 Uhr Einschluss – für mich ist das gut, dann kann ich mich ausruhen. Es dürfen zwar keine ehrenamtlichen Mitarbeiter in die Anstalt, dafür werden die Freizeitgruppen von Beamten geleitet, so dass es wenigstens die Möglichkeiten für Gruppen und Sport gibt. Ich gehe zweimal in die Malgruppe und kann auch Sport machen.

Wie ist es mit Arbeit? Als was arbeitest Du in der JVA und wirken sich die Corona-Maßnahmen darauf aus? Müsst Ihr auch einen medizinischen Mundschutz tragen, oder werdet Ihr auch ab und zu getestet?

Beschäftigt bin ich von Montag bis Samstag als Reiniger und gehe immer mit Mundschutz und Handschuhen zum Arbeiten. Auch die Bediensteten tragen einen Mundschutz. Hier in der JVA Heimsheim sind wir ein bisschen sicherer als ihr da draußen, da die Anstalt sehr auf unseren Schutz achtet.

Wie verarbeitest Du seit einem Jahr diese schwere Zeit? Hast Du psychologische Hilfe, die Du bei Bedarf in Anspruch nehmen kannst?

Im Januar 2020 starb meine Mutter und ein Jahr später starb mein Bruder. Das zu verarbeiten war und ist immer noch sehr schwer für mich. Ich kann jederzeit psychologische Hilfe bekommen und dafür bin ich sehr dankbar.

Gibt es schon Informationen darüber, wann Ihr Euch impfen lassen könnt, und wie ist die Bereitschaft dazu unter euch Gefangenen?

Es gibt die Möglichkeit, sich testen zu lassen, und es gibt Informationen darüber, wie man sich impfen lassen kann, wenn die Zeit gekommen ist. Ich selbst habe schon einen Antrag auf Impfung gestellt, aber das wird noch eine Weile dauern, wie bei euch draußen auch.

Wenn ich geimpft bin, kann ich endlich meine Familie besuchen.

Wie sieht es bei Dir aus mit Vollzugslockerungen? Wann darfst Du raus, oder geht das aufgrund der Pandemie auch nicht?

Im Januar 2020 habe ich noch, im Rahmen einer Ausführung, meine Frau besuchen können – dann kam die Pandemie und ich habe keine Lockerungen mehr erhalten. Jetzt wünsche ich mir, dass ich hoffentlich bald meine Familie besuchen darf.

In den Vollzugsanstalten wird mittlerweile auch gegen COVID-19 geimpft. Unser Interviewpartner hat bereits die zweite Impfung erhalten. Er kann somit weiteren Lockerungen entgegensehen.