300 Teilnehmende waren angemeldet, 10.000 Menschen kamen auf den Ulmer Münsterplatz, um gegen die AfD zu demonstrieren. „Es genügt nicht, nur empört zu sein. Wir alle müssen uns engagieren.“ Diesen Satz von Ulms Alt-Oberbürgermeister Ivo Gönner hatten sich 10 000 Menschen zu Herzen genommen und waren zu einer Großdemonstration gegen die AFD in die Münsterstadt gekommen.
Von Christina Kirsch
Die Straßenbahnen Richtung Stadtmitte waren schon eine halbe Stunde vor dem offiziellen Beginn voll. Aus allen Gassen strömten die Menschen auf den Münsterplatz. Das Geheimtreffen der Rechtsextremen und die zunehmende Hetze in der Gesellschaft hatten die Menschen mobilisiert. Mit diesem Zulauf hatte der Ring politischer Jugend in Ulm, der die Demo veranstaltete, nicht gerechnet.
Der Zusammenschluss der Jugendorganisationen der Parteien Junge Union, Jusos, Junge Liberale und Grüne Jugend hatte in aller Eile eine Demonstration angemeldet, eine provisorische Bühne aufgebaut und Ordner gestellt. „Es sind so unfassbar viele Leute gekommen“, war Ella Oswald bei der Begrüßung der Menge überwältigt. Die Berichte über Vertreibungspläne hatten auch die jungen Menschen aufgeschreckt. Auch 1933 gab es ein Geheimtreffen von Rechtsextremen, das als Geburtsstunde des Dritten Reiches gilt. Und so stand auf Plakaten: „Stell dir vor, die Zukunft ist braun und du bist schuld.“ „Menschenrechte statt rechte Menschen.“
In Anbetracht der Familien und jungen Menschen war es Ulms Alt-Bürgermeister Ivo Gönner zunächst ein Anliegen, den Organisatoren, „die Ihr zu dieser Veranstaltung aufgerufen habt“, zu danken. Stolz mache es ihn, zu sehen, dass junge Leute für die Demokratie eintreten. An die AfD gerichtet meinte er, „zeigt euer Gesicht, euer wahres Gesicht.“ Wenn er nachlese, wer an diesem Treffen beteiligt gewesen war, entdecke er Namen wie den des Österreichers Martin Sellner. Und ihm sei eingefallen: „Hatten wir nicht schon einmal einen Österreicher, der unser Land ruiniert hat?“
Auch andere Redner positionierten sich. „Wir müssen konsequent gegen die AfD vorgehen“, sagte die Ulmer Bundestagsabgeordnete Ronja Kemmer (CDU). „Das ist eine Nazi-Partei“. Der Bundestagsabgeordnete Marcel Emmerich von den Grünen begann seine Rede mit „Liebe Fans der Demokratie“ und alle jubelten. „Diese Neofaschisten sind nicht das Volk“, sagte er. Man müsse schon sehr viele Schäferhunde vor der Birne haben, um nicht zu kapieren, dass ohne diese Menschen, die die AfD deportieren will, keine Straßenbahn führe, die Uni-Klinik kein Personal hätte und auch der SSV Ulm nicht aufgestiegen wäre. Damit traf Emmerich den Nerv der Menge.
Mit dieser Demonstration hatte sich Ulm am 20. Januar 2024 an die Seite der Demokratie gestellt.
Und ganz nebenbei gab es eine Art „Gebrauchsanweisung“ in Sachen Mülltrennung. „Braune Flaschen gehören ins Altglas, nicht in den Bundestag!“ stand auf einem Plakat, das an der Braunglas-Tonne lehnte.
Hinterlassen Sie einen Kommentar
Sie müssen angemeldet sein um einen Kommentar zu schreiben.